Überleben im Sudan
Seit bald anderthalb Jahren kämpfen im Sudan zwei verfeindete Armeen gegeneinander, ohne jede Rücksicht auf die Zivilbevölkerung. Die Mission am Nil leistet im Rahmen ihrer Möglichkeiten Nothilfe.
Mathias Rellstab, Kommunikation MN | Aktualisiert am 1.11.2024
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Durch die heftigen Kämpfe wurde die Abu Rof-Klinik, die während Jahrzehnten den Ärmsten der Armen diente, weitgehend zerstört, wie Videoaufnahmen eines mutigen Mitarbeiters, der während einer eher ruhigen Phase des Krieges die Klinik besuchte, zeigen. Einzelne Räume sind eingestürzt, der Innenhof ist mit Trümmern übersät, das Lager mit den Medikamenten- und Milchpulvervorräten geplündert. Auch alle medizinischen Geräte wurden gestohlen.
Die humanitäre Lage im Land ist katastrophal: Wohl mehr als zehn Millionen Menschen mussten fliehen, entweder in Landesteile, die vom Krieg verschont blieben oder in Nachbarländer wie den Tschad, der allerdings auch ohne Massen von Flüchtlingen schon zu den ärmsten Ländern Afrikas zählt. Die Not ist unbeschreiblich.
Danke, dass ihr uns nicht vergessen habt!
Eine gute Nachricht gibt es allerdings: Zu den meisten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Abu Rof-Klinik besteht sporadisch Kontakt, und wir wissen, dass sie wohlauf sind. Über verschlungene Wege gelingt es bislang auch, ihnen ihren monatlichen Lohn zukommen zu lassen – dies im Sinne einer Nothilfe, um ihnen und ihren Angehörigen das Überleben zu sichern.
Mitarbeiter A. teilte vor einiger Zeit mit: «Wir sind so dankbar, dass die Mission uns nicht vergessen hat. Auch danken wir Gott für seine besondere Bewahrung und Versorgung bis zum heutigen Tag. Wenn wir das Haus verlassen, wissen wir nicht, ob wir lebend zurückkommen. Wenn wir uns abends schlafen legen, wissen wir nicht, ob wir wieder aufwachen. Wenn wir essen, wissen wir nicht, ob wir auch für den nächsten Tag eine Mahlzeit auftreiben können.»
Mehrere Mitarbeiter der Klinik haben inzwischen in Ägypten Zuflucht gefunden. Die monatliche Unterstützung, die sie im Sinne einer Nothilfe von der MN erhalten, ist für sie lebenswichtig:
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S. mit seinen chronischen Krankheiten wie Bluthochdruck, Diabetes und teilweise Lähmung kann sich die benötigten Medikamente kaufen.
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F., die mit ihren drei Töchtern nach Ägypten floh, während ihr Ehemann als Soldat im Sudan verbleiben musste, kann dank der Nothilfe in einer kleinen Wohnung leben. Ihr 23-jähriger Neffe wurde kürzlich im Sudan im Schlaf erschossen, als Soldaten nachts in sein Haus eindrangen.
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Die Ehefrau von Mitarbeiter I. leidet an Bauchkrebs. Dank der Unterstützung kann sie sich in einem Spitalbehandeln lassen. Ohne Geld würde man sie dort abweisen. I. predigt zudem ab und zu in ägyptischen Gemeinden.
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Pastor Y., der mit seiner Frau und den drei Kindern nach Ägypten floh, suchte dort Kontakt zum örtlichen Bischof der Episkopalen Kirche. Doch dieser interessierte sich nicht für seine Not. Ohne Unterstützung würde Y. mit seiner Familie verhungern.
Hilfe für Flüchtlinge in Ägypten
Im Nil-Spital im benachbarten Ägypten erhalten Flüchtlinge aus dem Sudan Hilfe. Diese nimmt nach bescheidenen Anfängen immer grössere Ausmasse an. Das Spitalteam hörte zum Beispiel von einer ganzen Gruppe Sudanesen, die eine halbe Stunde entfernt von Naqada leben und die unter Augenproblemen litten. Wir boten ihnen an, sie in unserer Augenabteilung zu untersuchen. Sie organisierten selber den Transport und kamen mit zwei Kleinbussen – insgesamt 43 Menschen, die meisten Muslime. Ihre Freude darüber, dass sich jemand um ihre Leiden kümmerte, war unbeschreiblich.
8000 Franken pro Monat
Der finanzielle Bedarf für die Nothilfezahlungen, die das Überleben der Mitarbeiter und ihrer Familien sichern, und für die Hilfe zugunsten der Flüchtlinge in Ägypten beträgt pro Monat etwa 8000 Franken. Wir sind dankbar, dass wir in den letzten Wochen zwei grössere Spenden erhalten haben, die diese Kosten während etwa vier Monaten decken. Weitere Unterstützung ist willkommen.
Es ist nach wie vor unser Ziel, die medizinische Arbeit im Sudan wieder aufzunehmen, wenn es die Lage zulässt. Wie, wann und in welcher Form, ist völlig offen. Wir sind dankbar für alle Missionsfreunde, die dieses Anliegen mit uns im Gebet bewegen.